Schreiben / Manifestiert / Gedanken / Des verworrenen / Kaiserreichs / In Zeiten / Der Flucht.


Blog von Holger Vos.

Donnerstag, 27. Dezember 2018

Zu Kehlmanns "Du hättest gehen sollen"


Rezension zu „Du hättest gehen sollen“ von D. Kehlmann
Ich las die Erzählung am 16. und 17. Januar 2017.

Zum Inhalt:
In Daniel Kehlmanns (gleich vorweg: in doppeltem Wortsinn) phantastischer Erzählung „Du hättest gehen sollen“ geht es um einen Drehbuchautoren, der mit seiner Frau und seiner vierjährigen Tochter einige Tage in einem einsam gelegenen Ferienhaus in den Bergen verbringt. Nach und nach passieren merkwürdige Dinge im Haus, welche seine bisherigen Erfahrungen über die Welt in Frage stellen, und am Ende hat ihn der unheimliche Sog des Hauses gefangen genommen.
Der Ich-Erzähler steht unter Zeitdruck, da er das Drehbuch für den zweiten Teil seiner erfolgreichen Komödie abliefern soll. Zudem gibt es immer wieder Streit mit seiner Frau Susanna, die häufig mit ihrem Telefon Nachrichten schreibt. Die gemeinsame Tochter Esther fordert die Aufmerksamkeit des Vaters ein, der häufig abwesend und gereizt reagiert. Mit der Zeit beginnen dem Drehbuchautor eigenartige Dinge aufzufallen: So zweifelt er an seiner Wahrnehmung, als er plötzlich sein Spiegelbild abends im Fenster nicht mehr sieht, das Notizbuch und den Schreibtisch jedoch schon. Einmal fährt er hinunter ins Dorf, um einzukaufen. Der wortkarge, Dialekt sprechende Verkäufer, den er nicht durchgängig versteht, fragt ihn, ob bereits etwas im Haus passiert sei; auf die Frage, was er damit meine, schweigt er. Eine weitere Kundin sagt ihm, er solle das Ferienhaus verlassen. Doch die Familie bleibt.
Der Ich-Erzähler schreibt neben Ideen für sein Drehbuch zunehmend Beobachtungen zum merkwürdigen Geschehen im Haus sowie zur belastenden Familiensituation auf. Auch liest er nach, was er bisher geschrieben hat, und er findet Worte, die er nicht geschrieben hat und ihn nachdrücklich auffordern wegzugehen.
Weil er den Vermieter des Hauses anrufen will und sich die Telefonnummer im Handy seiner Frau befindet, greift er zu ihrem Telefon und stößt auf Nachrichten seiner Frau, die darauf hinweisen, dass sie ein Verhältnis mit einem Mann namens Daniel hat. Er spricht sie darauf an, das Ehepaar streitet sich, der Streit eskaliert und Susanna fährt mit dem gemeinsamen Wagen davon, während die Tochter schläft. Nun spitzt sich die Situation im Haus zu: Bilder tauchen auf und verschwinden wieder, er sieht schemenhafte Silhouetten vor dem Fenster, sieht per Kamera des Babyfons Menschen im Raum, wo Esther schläft, er hört Geräusche und Schreie. Er holt seine Tochter zu sich ins Wohnzimmer und schließt sich mit ihr ein.
Abends versucht er mit Esther hinunter ins Tal zu flüchten. Sie gehen stundenlang und kommen schließlich zu einem Haus, welches sich als das herausstellt, das sie hatten verlassen wollen.
Weitere Wahrnehmungen, die er sich nicht erklären kann, schließen sich an, und der Ich-Erzähler sinnt über das Universum nach und Überlegungen von Astronomen, die davon ausgehen, dass es zahllose Universen geben könne, die alle ihre eigenen Gesetze haben und voneinander getrennt existieren. Manchmal, überlegt er, könne es Schwachstellen und Übergänge geben, wobei das Haus ein solcher Übergang sein könne. All das bleibt Spekulation.
Susanna kommt wieder hergefahren. Sie will einen Neuanfang und beteuert, dass der andere Mann ihr nichts bedeute. Er jedoch verfolgt nur noch das Ziel, Ester vom Haus wegzubringen; er selbst, so ahnt er, ist bereits zu stark vom Sog des Hauses eingenommen, dass er bleiben muss. Er setzt seine Tochter ins Auto und drängt seine Frau, wegzufahren. In seinen Notizen gibt es den Hinweis, dass sie es geschafft haben. Das Notizbuch, und ebenso die Erzählung, enden mit einem unvollständigen Satz, der darauf hinweist, dass der Ich-Erzähler nun endgültig aus der Welt entrückt und im Haus, wie all die anderen Menschen, die er zunehmend gesehen hat, gefangen ist.

Bewertung:
Daniel Kehlmann gelingt es mit dieser kurzen Erzählung (etwa 90 Seiten), eine spannungsvolle, beklemmende Atmosphäre zu schaffen, wofür andere Autoren Hunderte von Seiten benötigen. Das Ineinandergreifen von familiären Zwistigkeiten, beruflichem Stress und der phantastischen Komponente gelingt absolut überzeugend. Ebenso passen Inhalt und sprachliche Form perfekt zusammen: Der Leser hat gleichsam das Notizbuch des Drehbuchautors in Händen und vollzieht die Geschehnisse aus dessen Perspektive nach. Nicht vollendete Sätze und vage Andeutungen erzeugen eine Ratlosigkeit, die der Ich-Erzähler fühlt. Nicht zuletzt handelt die Erzählung vom Scheitern des Konzepts Familie, von der zwischenmenschlichen Entfremdung bzw. Isolation und dem Einfluss einer zunehmend menschenfeindlichen Umwelt diesbezüglich. Ich musste beim Lesen mehrfach an Marlen Haushofers „Die Wand“ denken.
Eine klare Lese-Empfehlung für „Du hättest gehen sollen“!

Donnerstag, 11. Oktober 2018

Weltdeutung im "Silmarillion"

Das Werk J. R. R. Tolkiens, auf das im "Herrn der Ringe" immer mal wieder Bezug genommen wird, heißt "Silmarillion" und handelt vom Ersten und vom Zweiten Zeitalter Mittelerdes. Zu diesem Text habe ich meine Examensarbeit verfasst, die bei Amazon folgendermaßen beschrieben wird:

"Das Werk von J. R. R. Tolkien erfreut sich durch die Verfilmung des Herrn der Ringe von Peter Jackson (wieder) größter Beliebtheit. Nicht zuletzt fasziniert der Herr der Ringe deshalb die Leserschaft, weil bei der Lektüre der Eindruck von Echtheit entsteht, von einer wahrhaft existierenden Welt, in der das Gute gegen das Böse kämpft und jedes Geschöpf ihren Platz in der Geschichte hat. Einen bedeutenden Anteil an diesem Effekt hat Tolkiens älteres und gleichzeitig unbekannteres Werk: das Silmarillion. Es handelt von Zeiten, auf die im Herrn der Ringe des Öfteren Bezug genommen wird.
In diesem Buch wird das Silmarillion in den Mittelpunkt der literaturwissenschaftlichen Betrachtung gestellt und gefragt: Inwieweit besitzt dieses Werk Tolkiens eine eigene Faszination, eventuell mit einer Weltdeutung, die von jener im Herrn der Ringe abweicht?
Nach einer Einführung in die Thematik widmet sich der Autor Holger Vos einer akribischen Studie des silmarillischen Text-Systems, um Beziehungen zu Bezugstexten (altnordische Mythen, Der kleine Hobbit, Der Herr der Ringe) zu ermitteln und anschließend Funktionen des Silmarillions für Tolkien selbst sowie für die Leser abzuleiten.
Eine systematische Gliederung und zahlreiche Zitate in der Originalsprache des jeweiligen Werkes ermöglichen ein gutes Nachvollziehen der Untersuchung und regen eine weitere Auseinandersetzung mit dem Thema an."

Hier der Link. 
Das Titelbild stammt von Anke Vos.

Sonntag, 30. September 2018

Elia

...und da ist sie, die Anthologie "Sternenflammen" vom Drachenstern-Verlag!


Meine Geschichte "Elia" ist neben anderen Stories mit vertreten. Hier zwei kleine Auszüge:

"Wir müssen schwärmen. Von Luna aus kann man die Menschheit auf der Erdoberfläche geradezu summen hören. Siebzehn Milliarden. Der Stock ist hoffnungslos überfüllt, verwunderlich ist, dass er noch nicht zerborsten ist. Wir sind ein Schiff von vielen, jedes auf dem Weg zu einem anderen Planeten, der uns das Über-/Weiterleben ermöglichen könnte. Ich hoffe, wenigstens eines der Neo-Schiffe hat Erfolg. Ich hoffe, wir werden eines davon sein."

"Gliese-917b/Neo-Seven, 19. Tag/Jahr 2768; Logdatei K.I.M.

Status: Allg. Systemcheck: ok; Geschwindigkeit: 0 km/s; Zieldistanz: 0 Lichtjahre. Missionsstatus: unklar."


Sonntag, 2. September 2018

Schwarz, grün, rot

In der zweiten Fantasy-Anthologie des Drachenstern-Verlags ("Schattenflammen") ist die Geschichte "Schwarz, grün, rot" von mir erschienen. Hier kann man das Buch ordern.


Ich freue mich auf die Sci-Fi-Anthologie "Sternenflammen", in der ich auch vertreten sein werde :-)


Sonntag, 6. Mai 2018

...aus Tinte und Strom

Ich erschaffe mir Welten aus Tinte und Strom,
und ich übe die uralte Kunst,
und ich weiß noch nicht:
Bin ich ein Irrtum, Phantom,
oder ein göttlicher Dunst.

Mittwoch, 25. April 2018

Kampfgeist - Co&Bi #40

Das in Innsbruck erscheinende Tiroler Literaturmagazin "Cognac & Biscotten" gibt es seit nunmehr 20 Jahren. Alleinstellungsmerkmal dieser Zeitschrift ist ihr wechselndes Gewand. So gab es bereits die "Literarische Straßenbahn", den "Literarischen Türanhänger" und jüngst (die Nr. 40) die "Literarische Flagge". Hier wurden Texte zum Thema KAMPFGEIST gesucht. Da mir das Thema liegt, habe ich mich beteiligt. Und sehr gefreut habe ich mich, als mein Text "memento mori" für diese tolle Ausgabe angenommen wurde. Seit einiger Zeit weht die "Kampfgeist-Flagge" nun im Garten:


Donnerstag, 12. April 2018

- nicht nur Eigenes

Ich schreibe natürlich nicht nur, sondern lese auch ;-)
Deshalb möchte ich künftig an dieser Stelle nicht nur meine eigenen Texte präsentieren, sondern auch Gedanken zu dem, was ich gelesen habe, jeweils klassisch oder zeitgenössisch, posten.
Demnächst mehr...

Mittwoch, 28. März 2018

Der Finstere in IF #7

"Der Finstere" ist eine Drachengeschichte, die vom Erlkönig inspiriert ist. Im Hintergrund agiert der Stein des Seins. Ich freue mich sehr, dass diese Story es nun in die siebte Ausgabe des IF-Magazin vom Whitetrain-Verlag geschafft hat!



Rückblick: "Chaos in der Unterwelt"

Die szenische Lesung „Chaos in der Unterwelt“ hat sowohl den Zuhörenden als auch den Lesenden viel Spaß gemacht! Kostümwechsel, Einsatz von ...