Im Anfang war Sein Wort, Wort des Seins. Und im Heiligtum,
das die Welt ist, erschuf Er Seine Ersten Kinder: Eine Schar treuer Wesen,
Streiter des Lichts, als es die Wörter gut und böse, Licht und Dunkel, noch
nicht gab. Ihr Blick: ungeblendet in die Sonne gerichtet; ihre Füße: fest wie
Säulen auf dem schwarzen Fundament der Welt, wohin kein Sonnenstrahl je
gelangt. Ungezählte Millionen Jahre. Die Zweitgeborenen sehen das Licht und
benennen die Dinge – alle Dinge. Ihr Wille zum Sein kennt keine Grenzen. Seine
Wächter, Menschenbeschützer, Wortverkünder, bewahren Ihn in der Welt und die
Zweiten vor ihrer Gier. Hass und Liebe, Leid und Wonne, wechseln unbeirrbar wie
Gezeiten: unerträglich für reines Licht wie sie. Ein Tränenmeer wächst heran
und erstickt Sein Wort, das sie überbringen sollen. Und so lernen die Engel
Enttäuschung und Wut und verzehren sich darin. Schwebend zwischen Licht, das
sie vergessen, und dem Dunkel, das die Zweiten kennen, weinen sie, und am Ende
wird der einstige Glanz der Engel, zuletzt noch, träge, sich in die Dunkelheit
verirren und sie kurz und still erhellen, hinein in einen neuen Anfang. Immer
wieder.
Im August hatte ich Gelegenheit, an einer außergewöhnlichen Kunstaktion teilzunehmen. Der Innsbrucker Literaturclub "Cognac & Biskotten" hatte für Ausgabe #42 unter dem Motto "Tief unter die Haut" Autor*innen aufgerufen, Kurztexte einzureichen, die bei Annahme als Tattoo auf einem Körperteil des Autoren*der Autorin erscheinen würden. Und tatsächlich wurde mein Text, dessen Langfassung ein Teil meiner aktuallen Hadubrant-Erzählung ist, ausgewählt. Er ziert nun meine linke Wade. Diese ist nun quasi Seite 2 der Nr. 42 von "Cognac & Biskotten". Präsentiert wurde die Ausgabe Ende August im Tattoo-Studio "Inky and the Pain" via Livestream aus Innsbruck. (c) Thomas Schafferer/cobi.at
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