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Aus dem Archiv: Die Geschichte der Engel

Im Anfang war Sein Wort, Wort des Seins. Und im Heiligtum, das die Welt ist, erschuf Er Seine Ersten Kinder: Eine Schar treuer Wesen, Streiter des Lichts, als es die Wörter gut und böse, Licht und Dunkel, noch nicht gab. Ihr Blick: ungeblendet in die Sonne gerichtet; ihre Füße: fest wie Säulen auf dem schwarzen Fundament der Welt, wohin kein Sonnenstrahl je gelangt. Ungezählte Millionen Jahre. Die Zweitgeborenen sehen das Licht und benennen die Dinge – alle Dinge. Ihr Wille zum Sein kennt keine Grenzen. Seine Wächter, Menschenbeschützer, Wortverkünder, bewahren Ihn in der Welt und die Zweiten vor ihrer Gier. Hass und Liebe, Leid und Wonne, wechseln unbeirrbar wie Gezeiten: unerträglich für reines Licht wie sie. Ein Tränenmeer wächst heran und erstickt Sein Wort, das sie überbringen sollen. Und so lernen die Engel Enttäuschung und Wut und verzehren sich darin. Schwebend zwischen Licht, das sie vergessen, und dem Dunkel, das die Zweiten kennen, weinen sie, und am Ende wird der einstige Glanz der Engel, zuletzt noch, träge, sich in die Dunkelheit verirren und sie kurz und still erhellen, hinein in einen neuen Anfang. Immer wieder.

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